Angesichts steigender finanzieller Belastungen für Pflegebedürftige und ihre Familien erwägt Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach eine Obergrenze für die selbst zu zahlenden Kostenanteile in einer Pflegeeinrichtung. Das erscheint dringend nötig. Denn trotz Kostenbremsen steigt nach einer Auswertung des Verbands der Ersatzkassen der Eigenanteil weiter. Mit Stand vom 1. Juli waren im ersten Jahr im Heim im bundesweiten Schnitt 2.871 Euro pro Monat aus eigener Tasche fällig – das waren 211 Euro mehr als noch Mitte 2023.
Laut AWO Sachsen (Arbeiterwohlfahrt) leben im Freistaat rund 48 000 Menschen in stationären Pflegeeinrichtungen. Dort zahlen Heimbewohner im ersten Jahr ihres Aufenthalts in Pflegeeinrichtungen einen Eigenanteil von durchschnittlich 2.387 Euro. Der Eigenanteil sinkt mit der Aufenthaltsdauer, weil die Pflegekasse seit Anfang 2022 einen steigenden Zuschuss an das Heim zahlt. Doch der dämpft die Kostensteigerung nur teilweise. Selbst mit dem höchsten Entlastungszuschlag nach 36 Monaten lag der Eigenanteil für einen Heimplatz in Sachsen mit durchschnittlich 1.548 Euro knapp 213 Euro höher als im Juli 2022. Mit dem durchschnittlichen Renteneinkommen in Sachsen (Frauen 1320 Euro/Monat, Männer 1582 Euro/Monat) ist das nicht zu finanzieren.
Warum sind die Kosten so hoch?
Die Kosten für das Leben im Pflegeheim beinhalten die Kosten für Pflege und Betreuung, Verpflegung und Unterkunft, Investitionskosten, Ausbildungskosten und gegebenenfalls Kosten für Zusatzleistungen. Die Verbraucherzentrale erklärt: „Wenn Sie regelmäßig Beiträge zu einer gesetzlichen oder privaten Pflegeversicherung geleistet haben und Ihre Pflegebedürftigkeit von einem Gutachter bestätigt wurde, dann bekommen Sie einen Zuschuss zu den Kosten für Pflege und Betreuung. Die restlichen Kosten übernehmen Sie selbst.“
Welche Kosten übernimmt die Pflegeversicherung?
Die Pflegeversicherung beteiligt sich an den Kosten für Pflege und Betreuung sowie an den Ausbildungskosten. Der größte Anteil entfällt auf die Kosten für Pflege und Betreuung, insbesondere die für das Pflegepersonal. Der Heimbetreiber kann Ihnen auch einen Beitrag zur Ausbildungsvergütung in Rechnung stellen.
Wenn der Medizinische Dienst (MD) oder Ihre private Pflegeversicherung bestätigen, dass Sie pflegebedürftig sind, dann bekommen Sie einen monatlichen Zuschuss zu den Pflege- und Ausbildungskosten. Wie hoch dieser Zuschuss ist, hängt vom Pflegegrad und damit Ihrer Hilfsbedürftigkeit ab. Ab dem Pflegegrad 2 zahlt die Pflegekasse monatlich Leistungen an das Pflegeheim. Die Leistungen sind gestaffelt:
- Pflegegrad 2 = 770 Euro
- Pflegegrad 3 = 1.262 Euro
- Pflegegrad 4 = 1.775 Euro
- Pflegegrad 5 = 2.005 Euro
Wenn Sie den Pflegegrad 1 haben und sich entscheiden, in ein Pflegeheim zu ziehen, bekommen Sie einen Zuschuss in Höhe von 125 Euro.
Zusätzlich zu den genannten Leistungen bei vollstationärer Pflege bekommen Personen in den Pflegegraden 2-5 einen Leistungszuschlag zu den Pflege- und Ausbildungskosten. Die Höhe des Zuschlags richtet sich danach, wie lange Sie bisher Leistungen der vollstationären Pflege in Anspruch genommen haben. Der Zuschlag steigt mit zunehmender Dauer des Heimaufenthalts. Je länger Sie in Einrichtungen der vollstationären Pflege leben, desto geringer wird Ihr Eigenanteil. Der Leistungszuschlag beträgt:
- 15 Prozent des Eigenanteils an den Pflegekosten, wenn Sie bis zu 12 Monate in einem Pflegeheim leben,
- 30 Prozent, wenn Sie mehr als 12 Monate in einem Pflegeheim leben,
- 50 Prozent, wenn Sie mehr als 24 Monate in einem Pflegeheim leben,
- 75 Prozent, wenn Sie mehr als 36 Monate in einem Pflegeheim leben.
Die Zuschusshöhe ändert sich individuell je nach der Dauer der Heimaufenthalte. Den Leistungszuschlag bekommen Sie nicht selbst ausgezahlt, sondern das Pflegeheim. Dadurch verringert sich Ihr Eigenanteil. Die Verbraucherzentrale weiß: Sie müssen für die Zahlung des Zuschlags keinen Antrag stellen. Stattdessen teilen die Pflegekassen beim Einzug ins Pflegeheim mit, wie lange Sie bisher vollstationäre Leistungen bezogen haben.
Diese Kosten zahlen Sie selbst
In der Regel sind die Pflegekosten höher als die Leistungen der Pflegekasse. Daher müssen Sie einen Teil der Pflegekosten selbst zahlen. Wie hoch dieser Eigenanteil ist, ist jvon Heim zu Heim verschieden. Ein Blick in die Preisliste lohnt sich also.
Außerdem zahlen Sie die Kosten für Unterkunft und Verpflegung (Ausnahme: die Ernährung erfolgt über eine Magensonde), Investitionskosten für Umbau- oder Ausbaumaßnahmen, Modernisierungsarbeiten oder Instandhaltung. Die Aufwendungen für einen neuen Aufzug, die Renovierung der Gemeinschaftsräume oder Maßnahmen für den Brandschutz werden auf einen monatlichen Betrag umgerechnet und jedem Bewohner in Rechnung gestellt.
Über die üblichen Leistungen hinaus können Sie mit dem Heim auf eigene Kosten Zusatzleistungen vereinbaren. Damit sind Komfortleistungen für Unterkunft und Verpflegung wie zum Beispiel Reparatur von Kleidung oder ein individueller Vorleseservice gemeint. Gut zu wissen: Zusatzleistungen müssen vertraglich vereinbart werden. Nur wenn sie schriftlich festgehalten sind, dürfen sie auch in Rechnung gestellt werden.
Wenn Einkommen und Zuzahlungen nicht reichen?
Reichen Einkommen und Vermögen zusammen mit den Zahlungen der Pflegekasse und gegebenenfalls dem Pflegewohngeld nicht aus, um die gesamten Heimkosten zu finanzieren, springt das Sozialamt ein. Wichtig: Kinder sind für ihre Eltern erst ab einem Jahresbruttoeinkommen von mehr als 100.000 Euro zum Unterhalt verpflichtet.
SZ-Lebensbegleiter-Tipp
Eine Übersicht über Beratungsstellen zum Thema Pflege finden Sie unter www.dresden.de/senioren. Beratung bietet auch die Verbraucherzentrale Sachsen an. Unter www.verbraucherzentrale-sachsen.de finden Sie Informationen zum Thema ebenso wie die Beratungstellen in Ihrer Nähe. Und: Sie können ganz einfach Beratungstermine vereinbaren.