Natürlich haben die Zisterzienser ihre Finger im Spiel: Sie kamen ja vor rund 700 Jahren viel rum und brachten Wissen und Wein mit – auch nach Jerischke. Wer den Ort nicht kennt: Jerischke liegt im Muskauer Faltenbogen in der Niederlausitz, rund sieben Kilometer Luftlinie nördlich von Bad Muskau. Und in Jerischke gibt es wieder Wein, seitdem 2008-2010 Hubert Marbach angefangen hat, einen der vielen Hügel dort wieder aufzureben. Erst zwei, dann vier und jetzt sechs Hektar ist das Weingut groß, das „Marbachs Wolfshügel“ heißt. Die Weine macht seit einem Jahr einer der besten Winzer Sachsens: Stefan Bönsch ist dort Betriebsleiter. Mit dem probierte ich (in Görlitz bei der Coolinaria war das) eine Flasche Riesling vom Wolfshügel.

Nach wie vor hat Brandenburg ja nicht den Ruf eines klassischen Weinlands – aber da ist was im Kommen, Strukturwandel (Wein statt Braunkohle) und Klimawandel machen’s möglich. Auf dem Wolfshügel, der so heißt, weil der Besitzer und passionierte Jäger Marbach 2007 bei der Entnahme von Bodenproben dort einen Wolf heulen hörte, wachsen hauptsächlich Neuzüchtungen, die mit weniger Spritzungen gegen die Pilze echter und falscher Mehltau auskommen. Unter den Händen eines Kenners wie Stefan Bönsch werden dann aber – weg mit den Vorurteilen! – auch aus Johanniter, Regent und Cabernet Cortis überraschend gute Weine. Aber Riesling? Der ist doch anspruchsvoll!

Aber es muss gar nicht immer Schiefer sein, um dem Riesling Geschmack zu entlocken: Auf dem Wolfshügel finden wir das ganze Endmoränengedöns – also neben humosem Sand vor allem allerlei Steine. „Schwedisches Gestein“ sagt Bönsch  – der selbst gerne in Schweden Urlaub macht – dazu. Aber der Riesling kann mit dem Boden leben.

Und der Riesling-Trinker auch. Auf dem Straßenfest Coolinaria hatte Bönsch den einfacheren der beiden Rieslinge mit, die beide auf dem Wolfshügel wachsen. Oben auf dem Berg (ja, Bönsch sagt „Berg“ zu dem Hügel!) hungern die Reben mehr und die Blüten verrieseln. So nennen die Winzer es, wenn sie nicht durchblühen, dadurch weniger Beeren entstehen. Das gibt zwar weniger Ertrag (mögen die Winzer nicht so sehr), aber auch lockerere und geschmackvollere Trauben (das mögen die Winzer sehr!). Also gibt’s vom oberen Drittel einen besseren und von den unteren zwei Dritteln einen guten Riesling. Der hatte beim Probieren ordentlich Zug, weil Säure im Spiel ist und dem Wein Struktur gibt. Aber keine Angst: Säure im Wein muss nicht sauer schmecken, wenn die Fruchtigkeit (Weinbergspfirsich, Aprikose, Apfel natürlich…) und moderater Restzucker die Frische ergeben, die den Genuss erst so richtig schön macht. Der 23er Riesling kostet 12 €, der aus dem oberen Drittel des Hügels drei Euro mehr pro Flasche ab Hof. Infos unter landhaus-marbach.de.

Unser Autor Ulrich van Stipriaan ist bekennender Genussmensch. Seine profunde Weinkenntnis ist im Podcast „Auf ein Glas“ zu hören. Ebenfalls unter stipvisiten.de finden sich Reiseberichte, Restaurantkritiken, Beiträge über Wein und Winzer.