Wenn Torsten Ebert an seinem Stammplatz beim Herbst- und Weinfest Altkötzschenbroda am Stand vom Weingut Hanke steht, schafft er einen ganz speziellen Spagat: das Weingut liegt in Jessen an der Elster – und das gehört politisch schon zu Sachsen-Anhalt. Im Weinbau allerdings sind sie Teil von Sachsen. Hankes machen da seit 1994, also mit 30jährigem Jubiläum in diesem Jahr, professionell Wein. Die Generationen davor bauten auch schon Wein an, tranken den aber nur selbst und mit Freunden (weil der Wein, wie damals oft üblich, nebenbei gemacht wurde).
Dort, in Jessen, steht also das eine Bein von Torsten Ebert. Der Spagat kommt daher, dass wir das andere Bein in Radebeul finden, und zwar ganz schön steil auf dem Friedstein. Also nur sinnbildlich, natürlich, denn in Wirklichkeit steht der Mann ja mit beiden Beinen aufrecht in seiner Bude und schenkt Wein aus. Der Traminer, der da goldgelb aus der Flasche ins Glas kommt, ist nämlich auf dem Friedstein gewachsen und wurde in Jessen im nördlichsten Qualitätsweingut Deutschlands (so steht’s auf der Hanke-Webseite) ausgebaut.
Der Traminer wächst auf dem Friedstein direkt neben dem Weißburgunder und Chardonnay von Martin Schwarz. Der darf, weil er Mitglied im VDP (dem Verband deutscher Prädikatsweingüter) ist, seinen Friedstein-Teil eine Große Lage nennen – besser geht’s nicht, wenn es ums Terroir geht. Ebert und Hanke dürfen es für ihren Teil nicht, aber Torsten Ebert merkt verschmitzt lächelnd an, dass es auch bei ihm eine ganz großartige Lage sei.
Vor 25 Jahren wurde die Anlage komplett neu angelegt, die Reben kommen also nun in ein Alter, wo sie „Alte Reben“ genannt werden dürfen. Das hat Vorteile für den Wein, der aus ihren Trauben gemacht wird, denn in der Zeit wurzelten die Stöcke tiefer und können nun mehr Geschmack mit in die Trauben bringen. Das Weingut Hanke hat den Weinberg gepachtet, Torsten Ebert kümmert sich das Jahr über um die knapp 1.000 Rebstöcke im Auftrag des Weinguts.
23er Traminer Kabinett steht auf der Flasche. Von den Öchsle-Werten, also vom Zuckergehalt in den Trauben bei der Ernte, hätte aus ihm sogar eine Auslese werden können. Aber da der Wein (durchaus gewollt!) durchgegoren ist, blieben nur 8 g Restzucker im Wein, was ihn zu einem trockenen Wein macht. Traminer und trocken: das geht und macht diese Bukettsorte sogar für viele angenehmer beim Trinken, weil er weniger breit und klebrig daher kommt. Auf die klassische Traminer-Nase – also gelbe Rosen, Pfirsich und ein Hauch von Aprikose – muss man nicht verzichten. Viel Zucker in der Traube und wenig Zucker im Wein heißt allerdings auch, dass die Hefen ordentlich Alkohol produziert haben: 14,2 Volumenprozent. Dass der Wein dennoch vollmundig ausgewogen schmeckt, und diese 14,2 alc schön eingebunden sind, hat dann den Trinkgenuss positiv abgerundet.
SZ-Lebensbegleiter-Tipp
Den Wein gibt es natürlich im Weingut Hanke (Alte Schweinitzer Straße 80, 06917 Jessen, www.weingut-hanke.de) und im Raum Dresden ausschließlich bei „Gräfes Wein & fein“ in Radebeul (Hauptstraße 19) für 15 Euro – aus gutem Grund, denn dort kann man Torsten Ebert im Verkauf und Service live erleben…
Unser Autor Ulrich van Stipriaan ist bekennender Genussmensch. Seine profunde Weinkenntnis ist im Podcast „Auf ein Glas“ zu hören. Ebenfalls unter stipvisiten.de finden sich Reiseberichte, Restaurantkritiken, Beiträge über Wein und Winzer.