Wenn Sie selbst oder ein Angehöriger der Pflege bedürfen, dann muss ein Pflegegutachten erstellt werden. Das Pflegegutachten des Medizinischen Dienstes ist ein folgenreiches Dokument: Erstellt nach nur einem Hausbesuch, wird es zur Grundlage für eine mögliche Unterstützung aus der Pflegeversicherung – und damit entscheidend für die Höhe der finanziellen Hilfe! Von daher ist es wichtig zu wissen, welche Kriterien bei der Beurteilung des Grads der Pflegebedürftigkeit eine Rolle spielen. Felizitas Bellendorf arbeitet als Pflegeexpertin und Referentin für die Verbraucherzentrale. Sie gibt wichtige Tipps.
Was schaut sich der Gutachter an, wenn der Besuchstermin ansteht?
Angeschaut wird, wie selbstständig die betroffene Person ist und ob bestimmte Fähigkeiten noch vorhanden sind. Das geschieht in verschiedenen Lebensbereichen, die im Begutachtungsinstrument Module genannt werden, und nach festgelegten Kriterien.
Was genau sind diese Module?
Das erste Modul beschäftigt sich mit dem Bereich Mobilität, das heißt: wie selbstständig kann sich der Mensch noch bewegen – im Bett, beim Aufstehen, beim Gehen oder Treppensteigen. Es geht in diesem Modul nur um die körperliche Fähigkeit sich zu bewegen.
Im zweiten Modul geht es um kognitive und kommunikative Fähigkeiten, also darum, was ein Mensch versteht und ob er sich dazu ausdrücken kann. Das dritte Modul beschäftigt sich mit Verhaltensweisen und psychischenProblemlagen. Hier geht es darum zu schauen, ob durch die Unterstützung einer Pflegeperson die Verhaltensweise oder die psychische Problemlage positiv beeinflusst werden kann.
Da vierte Modul, Selbstversorgung, hat die körperliche Versorgung wie essen und trinken, Toilettengänge, waschen und sich an- und ausziehen zum Thema.
Das fünfte Modul, Bewältigung von und selbstständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen beinhaltet in der Hauptsache die Umsetzung ärztlicher Anordnungen wie zum Beispiel sach-und zeitgerechte Einnahme von Medikamenten, Messung von z.B. Blutzucker, und zeitaufwendige Arztbesuche.
Im letzten Modul geht es um die Gestaltung des Alltagslebens, also, ob das dem Menschen noch möglich ist, seinen Alltag selbständig zu gestalten und an Veränderungen anzupassen.
Wie kann ich mich darauf vorbereiten?
Das Buch „Das Pflegegutachten“ gibt Ihnen einen Überblick, wie Sie sich auf die Begutachtung vorbereiten können. Darüber hinaus finden Sie die unterschiedlichen Kriterien für die einzelnen Module und nach welchen Definitionen eine Gutachterin oder ein Gutachter bewertet sowie eine eigene Spalte für Ihre Beispiele aus dem Alltag. So können Sie sich anhand der eigenen Pflegesituation gut vorbereiten. Dann kann bei der Begutachtung, die immer wie eine Art Prüfungssituation empfunden wird, in der Aufregung nichts vergessen werden.
Geben Sie dem Gutachter so präzise wie möglich Auskunft. Schildern Sie die Situation, wie sie wirklich ist. Übertreiben Sie nicht, wenn Sie als pflegebedürftige Person alles geben und Ihr tatsächliches Können übertreiben, aber stellen Sie Ihr Befinden auch nicht schlechter dar, als es ist – das wirkt unglaubwürdig.
SZ-Lebensbegleiter-Tipp
Der Ratgeber der Verbraucherzentrale „Das Pflegegutachten“ (12 Euro) ist unter www.ratgeber-verbraucherzentrale.de erhältlich. Er bietet auf 158 Seiten die optimale Vorbereitung auf den Gutachtertermin:
- Alle Regelungen einfach und verständlich erklärt
- Der Pflegegrad entscheidet: Welche Kriterien für die Pflegebedürftigkeit wichtig sind
- Mit welchen Fragen bei der Begutachtung zu rechnen ist und wie die Begutachtung abläuft
- Wie Sie Widerspruch einlegen, wenn Sie mit dem Pflegebescheid nicht einverstanden sind
- Eine umfangreiche Pflege-Checkliste hilft bestmöglich bei der Vorbereitung auf den Gutachtertermin
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