Die Scheurebe hat einen gespaltenen Ruf. Die einen lieben sie wegen ihres betörenden Aromas, die anderen hassen sie genau deswegen und nennen sie aufdringlich. Als Karsten Lietz vom Weinhandwerk Meißen neulich auf der Weinmesse „Baden-Württemberg Classics“ als eins von drei sächsischen Weingütern mit dabei war, stellte sich die Frage freilich nicht: „Unser Publikumsliebling“, konstatierte er am dicht umlagerten Stand.
Weinhandwerk Meißen setzt auf Scheurebe

Das Weinhandwerk Meißen wurde 2018 als Weinbaugesellschaft Meißen gegründet und ist mit mittlerweile 45 Hektar das viertgrößte Weingut Sachsens – oder in anderer Betrachtungsweise das zweitgrößte private Weingut (nach Schloss Proschwitz). Nicht nur in der Größe, auch in der Qualität wollen die Macher gerne in der oberen Liga mitspielen. Unter neuem Namen und mit zwei Weinlinien setzen sie seit 2022 auf Qualitätsweine wie Scheurebe, Riesling und Grauburgunder. In Zadel keltert Kellermeister Johann Michalicka Altus frische, fruchtige Weine vom sächsischem Terroir – die Weinberge liegen verstreut rechts- wie linkselbisch zwischen Dresden und Meißen.
Das mit der Qualität ist ja immer ein wenig subjektiv – aber wenn Deutschlands kritischster Weinguide, der Eichelmann, dem Betrieb „eine überzeugende Kollektion“ attestiert und die bewerteten Weine mit „ein gelungenes Debüt“ zusammenfasst, darf man schon mal aufhorchen. Und wenn jemand schulterzuckend „ach, die Kritiker!“ sagt, dann wäre dem ja noch Volkes Kehle entgegenzuhalten: Auf der Messe ging die feinherbe Scheurebe wie geschnitten Brot, um mal einen Vergleich mit einem anderen wichtigen Nahrungsmittel zu wählen.
Easy-Drinking-Wein Scheurebe
Die Scheurebe aus der Weinwerkstatt gehört zu den rebsorten- und regionstypischen Easy-Drinking-Weinen, die hauptsächlich im Handel an die Verbraucher gebracht werden (in Dresden beispielsweise bei Konsum, Edeka, Rewe, Kaufland). „Diese Scheurebe mit ihrer Frische ist nicht nur sehr typisch für die Rebsorte, sie ist auch sehr leicht verständlich“; sagt Karsten Lietz. Will heißen: Das ist eher was für gesellige Runden, so für sich getrunken oder auch zum Essen. Das darf dann ruhig ein bissl scharf sein, denn dank leichter Restsüße (15 g Restzucker pro Liter) in bester Balance mit knackig frischer Säure (6,5 g/l) steckt der Wein das nicht nur weg, sondern umschmeichelt das Essen.

Jahrgang steht nicht auf dem Etikett

Ein Jahrgang steht übrigens aus gutem Grund nicht auf dem Etikett: die 24er-April-Fröste sind natürlich auch am Weinhandwerk nicht vorüber gegangen. Aber die Natur ist zwar manchmal ungerecht, aber manchmal eben auch nett: 2023 war in jeder Hinsicht ein guter Jahrgang – von der Qualität und von der Menge. Da haben die Winzer im Elbtal (und anderswo) natürlich nicht gejammert, aber eben auch nicht zu laut gejubelt. Aber wer schlau war, hat von dem reichlich vorhandenen guten Jahrgang dann eben was zurückgehalten. Das tut den Weinen meist sowieso gut – und nun kann man sie eben nehmen, um eine Jahrgangs-Cuvée abzufüllen.
Der Wein kostet auf dem Weingut 8,99 Euro. Adresse: Großenheiner Straße 163, 01662 Meißen. Mehr Infos zum Weinhandwerk Meißen finden Sie unter unter www.weinhandwerk-meissen.de.
Unser Autor Ulrich van Stipriaan ist bekennender Genussmensch. Seine profunde Weinkenntnis ist imPodcast „Auf ein Glas!“ zu hören. Ebenfalls unter stipvisiten.de finden sich Reiseberichte, Restaurantkritiken sowie Beiträge über Wein und Winzer. Lesen Sie HIER ein weiteres Weinporträt.