In den entbehrungsreichen Nachkriegsjahren war die Sehnsucht nach friedvollen Idyllen groß. Röhrende Hirsche, opulente Blumensträuße, verträumte Gebirgslandschaften zierten die Wand über Sofa oder Ehebett. Wahlweise gemalt, gestickt oder als Wandteppich gewebt, prägten sie ganze Generationen. Motive einer heilen Welt, die auch Kunstmaler Walter Venter (1912-83) leicht von der Hand gingen – und die gefragt waren. Der Dresdner Unternehmer Benjamin Venter (34) sucht nun nach den Gemälden seines Vorfahren.
„Mein Urgroßvater war zwar kein akademischer Maler, aber er war sehr talentiert. Er hat seine Ölgemälde, Aquarelle und Sepia-Zeichnungen in der ganzen Republik verkauft“, erzählt der Urenkel stolz. Vom Talent des Urgroßvaters hat er nichts geerbt. „Ich kann weder malen noch zeichnen“, gesteht Benjamin Venter, Mitinhaber des Dresdner Freizeitanbieters Barock-Eventpark (www.barock-eventpark.de). „Aber mein Opa Wolfgang, von Beruf Förster, war sehr kreativ, konnte ganz gut zeichnen – und stricken.“

Urgroßvater Walter Venter – aus der Korbmacherfamilie zum Volkskünstler
Walter Venter wurde 1912 als drittes Kind des Korbmachers Bernhardt Venter und seiner Frau Karoline geboren und wuchs im thüringischen Kleinschmalkalden auf. Schon auf der Volksschule erwies er sich als Zeichentalent, das einer Förderung wert gewesen wäre. Doch auch nach dem Schulabschluss kam er nur in den Genuss weniger Förderstunden bei einem Zeichenlehrer. Ein Studium der Malerei war undenkbar, galt als „brotlose Kunst“. Walter Venter erlernte vielmehr den Beruf eines Feintäschners, den er bis zum Renteneintritt in seinem Ausbildungsbetrieb auch ausübte.
Doch nach Feierabend konnte Venter seiner eigentlichen Leidenschaft frönen. Das Herz von Walter Venter hing an der Kunst und die beherrschte er offensichtlich ganz gut. Seine Bilder und Zeichnungen fanden nicht nur Anklang, sondern reißenden Absatz. „Mein Urgroßvater hat über 600 Bilder gemalt – obwohl es schwierig war, sich in der DDR Farben zu beschaffen. Für 50 bis 100 Ostmark hat er sie an eine Rahmen-Galerie verkauft. Und die verkaufte sie für rund 300 Ostmark weiter“, weiß der Urenkel. Heute werden Venters Waldbewohner, Landschaften wie der Lauchagrund und Blumen auf Online-Plattformen für 50 bis 250 Euro angeboten.

Zum 625. Jubiläum von Kleinschmalkalden 2003 wurden Walter Vetters Bilder ausgestellt – 20 Jahre nach dem Tod des Künstlers. Es war dessen einzige große Ausstellung. Doch das soll nicht so bleiben.
Urenkel sucht Bilder und plant Ausstellung
„Seit einem Jahr bin ich auf der Suche nach den Werken meines Urgroßvaters. Ich durchforste das Internet, frage aber auch in Kleinschmalkalden nach dem Verbleib der Werke. Mittlerweile habe ich schon fast 50 Bilder, einige Arbeiten hängen auch noch bei meinen Eltern. Ich weiß aber auch, dass Bilder von ihm in Halle, Bad Hildesheim oder Stuttgart landeten“, so der Urenkel. „Irgendwann möchte ich sie alle einmal ausstellen. Besonders gefallen mir seine Tierbilder – der Auerhahn, das Kaninchen, der Fuchs und ein Falkenhorst in Sepia“, zeigt Venter seine Lieblinge. „Mein Urgroßvater hat aber auch Seebilder gemalt, obwohl er nie am Meer war.“

Benjamin Venter weiß genau was er will: „Ich möchte das Vermächtnis meines Urgroßvaters erhalten, so viele Bilder wie möglich sammeln – und sie natürlich dann auch in Dresden ausstellen.“ Zu Lebzeiten war Walter Venter keine Ausstellung vergönnt. „Erst 2003, zum 625-jährigen Jubiläum seiner Heimatstadt Kleinschmalkalden gab es eine kleine Schau und einen Katalog dazu“, weiß Benjamin Venter.
Liebevoll hat er die Bilder seines Ahnen neu rahmen lassen. „Jetzt schaue ich mich nach einem Ausstellungsort um. Egal ob Arztpraxis oder Vereinshaus, ob Leih- oder Dauerausstellung – wer Interesse hat, kann sich bei mir melden“, hofft Venter auf viele E-Mail-Nachrichten an info@walter-venter.de. Per E-Mail können sich natürlich auch alle diejenigen an Benjamin Venter wenden, die ein Bild seines Urgroßvaters besitzen und abgeben möchten. Denn nichts möchte Benjamin Venter lieber, als seine Sammlung zu erweitern.
Die Name Venter hat übrigens weit über Thüringen hinaus noch einen zweiten, guten Klang: In Kleinschmalkalden werden seit über 150 Jahren in der Venter Glocken GmbH (www.venter-glocken.de) Schellen geschmiedet – als Souvenirs, für Eingangstüren und natürlich auch für Kühe. „Auch wenn meine Familie auch aus Kleinschmalkalden kommt und wir den gleichen Namen tragen – wir sind nicht miteinander verwandt“, erklärt Benjamin Venter.
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